Die Macht der kleinen Gewohnheiten

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Die Macht der kleinen Gewohnheiten

  • von Holger Kaiser
  • 28 Jan., 2024

Eine persönliche Weiterentwicklung beginnt oft mit der Erkenntnis, dass die aktuelle Situation einer grundlegenden Veränderung bedarf. In meinen Sessions mache ich dabei häufig die Erfahrung, dass zahlreiche Klienten bereits frustriert sind, von der Nachhaltigkeit ihrer bisherigen Veränderungswünsche. Weder der Vorsatz öfters ins Fitnessstudio zu gehen noch die radikale Rohkost-Diät haben zu einem bleibenden Erfolg geführt. 

Die Erfahrung, dass sich, nach einer anfänglich positiven Veränderung im Leben, im Alltag dann doch wieder das ungewollte Verhaltensmuster einschleicht, ist leider viel zu weit verbreitet. Am Ende ertappen wir uns selbst dabei, dass alles wie immer ist. Der langfristige, nachhaltige Erfolg stellt sich trotz größter Motivation einfach nicht ein und endet in Frustration mit der eigenen Persönlichkeit („Warum kann ich nicht disziplinierter sein“).

Fitnessstudios freuen sich alljährlich auf den Monat Januar, in keinem anderen Monat gibt es so viele Anmeldungen. Die Studios platzen zum Leidwesen der Alteingesessenen aus allen Nähten und Ernährungs- und Trainingspläne haben Hochkonjunktur. Bereits im Februar sind die Flächen jedoch schon leerer und spätestes im März finden sich die Flächen wieder verwaist vor. Die Stammgäste haben wieder freie Auswahl an den Geräten und schmunzeln über die Newcomer.

Aus „New Year – New Me“ wurde „Business as usual“.

Der Wunsch, die eine große Veränderung im Leben zu implementieren, berücksichtigt dabei leider viel zu wenig die bisherigen Gegebenheiten, Routinen und Verhaltensweisen – es gibt schließlich einen Grund, weshalb es bisher auch nicht funktioniert hat. Oder drastischer gesagt, man ist im Leben immer an genau dem Punkt, zu welchem uns die eigenen Muster und Routinen bisher verholfen haben.

Die Wirksamkeit stetiger, kleiner Optimierungen wird dabei viel zu oft vernachlässigt. Unser Gehirn findet spätestens im März auf Anhieb 5 Gründe, weshalb eine Stunde Training genau heute nicht geht. Hier kommen Micro-Optimierungen ins Spiel, denn 10 Minuten für ein Workout findet jeder und Ausreden sind rar.  

Warum tendieren wir dennoch zu radikalen Veränderungen und melden uns im Januar dennoch für 24 Monate im Fitnessstudio an, anstatt erst einmal täglich 15 Minuten Sport in den Alltag zu integrieren?

Mikro-Optimierung erfordern Geduld und Beständigkeit. Genau diese Eigenschaften stellen aber in unserer schnelllebigen Welt eine besonders große Herausforderung dar. Zudem werden große Ziele und radikale Veränderungen in unserer Gesellschaft gefeiert und als besonders sexy wahrgenommen.

Warum also überhaupt kleine Veränderungen anvisieren?

Realistischen und nachhaltige Ergebnisse brauchen Zeit, wer wirkliche Veränderungen erwirken möchte, benötigt die mentale Zähigkeit, die Verzögerung zwischen Handlung und Ergebnis zu durschreiten (Tal der Enttäuschung, s. u.). Je weniger Willenskraft dafür verwendet werden muss, desto wahrscheinlicher ist der Erfolg.

Jeder, der schon einmal mehr als 3 Monate am Stück konsequent an etwas gearbeitet hat, weiß wie es sich anfühlt, in einer Sache wirklich besser zu werden.

Ein gesamtes Buch über Mikro-Optimierungen hat James Clear geschrieben, er bezeichnet diese als Atomic Habits. In diesem Buch veranschaulicht er auch die o. g. Verzögerung als „Valley of Disappointment“ und stellt sie graphisch wie folgt dar:

Ein beeindruckendes Beispiel für Beharrlichkeit und die Auswirkung von stetigen Routinen ist der chinesische Bambus-Baum. Dieser muss 5 Jahre jeden Tag gewässert und gedüngt werden, bevor er sich an der Oberfläche zeigt. Vergisst man nur einen Tag, stirbt der Baum. Sind die 5 Jahre jedoch vorbei und er wurde kontinuierlich gepflegt, wächst er innerhalb von 5 Wochen um 25 Meter.

Von außen betrachtet wächst der Baum also 25 Meter in 5 Wochen. Wer sich jedoch mit dem Prozess beschäftigt, erkennt, wie wichtig 5 Jahre konsequente Routine und Beständigkeit waren. Das Wurzelwerk aus konsequenten Routinen stellt die Basis für den offensichtlichen Erfolg dar.

In meiner Praxis stelle ich dabei oft fest, dass sich in unserer Gesellschaft die vorherrschende Annahme verfestigt hat, dass Wachstum linear voranzuschreiten hat. Empirisch nachgewiesen handelt es sich in 99% der Fälle jedoch um konsequentes, kontinuierliches Handeln, Hartnäckigkeit und Ausdauer bis sich das gewünschte Ergebnis einstellt.  

Profifußballer wie Robert Lewandowski und Christiano Ronaldo werden insbesondere für Arbeitsethik hervorgehoben, weit weniger für ihr Talent. Wer erinnert sich noch an die Zeiten, als Lewandowski bei Dortmund nur Ersatz war und Ronaldo bei Sporting Lissabon nur für das zweitgrößte Talent nach Ricardo Quaresma bezeichnet wurde. Um an die Spitze ihrer Leistungsfähigkeit zu kommen und, noch viel beeindruckender, dort zu bleiben, kombinieren sie Talent mit einem unstillbaren Hunger nach täglicher Verbesserung.

Jeden Tag und jedes Training der Fleißigste zu sein und keine – wenn auch nur minimale – Chance zur Verbesserung auszulassen, erfordert unglaubliche mentale Kraft und Willensstärke. Wer sich davon überzeugen möchte, kann gerne auf den nachfolgenden Link klicken und eine amüsante Anekdote von Patrice Evra über Ronaldo lesen (https://www.fussballeuropa.com/news/ex-united-weggefahrten-cristiano-ronaldo-patrice-evra-witzelt-uber-seine-essgewohnheiten-2018-06).

Dies lässt den Schluss zu, dass durch ständige Optimierungen kleine Fehler ausgemerzt, Entschuldigungen rationalisiert und Fehlentwicklungen korrigiert werden können. Wenn wir uns in jeder Einheit um nur ein Prozent verbessern (ausgehend von 4 Trainings pro Woche), werden wir innerhalb eines Jahres 8-mal so gut wie zu Beginn. Verbessern wir uns täglich um 1 %, haben wir nach einem Jahr eine 37-fache Steigerung erreicht.

Der entscheidende Schlüssel zu nie endender Selbstoptimierung sind Gewohnheiten. Diese verhalten sich ähnlich wie Zinsen. Zu Beginn bemerkt man sie kaum, mit der Zeit steigt jedoch ihr Einfluss mehr und mehr. Wer denkt noch über das allabendliche Zähneputzen nach? Es ist ein Teil der Persönlichkeit, das sowohl an schlechten wie an guten Tagen durchgezogen wird und langfristig zu besseren Zähnen und weniger Ärger mit dem Zahnarzt führt. Selbstverständlich etablieren sich Gewohnheiten nicht über Nacht. Sie benötigen Zeit und Aufmerksamkeit, genau wie der chinesische Bambusbaum.

Bei eurer Reise zur persönlichen Entwicklung und zu mehr Zufriedenheit können Gewohnheiten euer treuer Begleiter sein. Dieser neue Artikel soll euch wieder ermutigen, die Erkenntnisse über die Auswirkungen von Gewohnheiten in eurem Leben zu nutzen. Wer sich über die Auswirkungen von Gewohnheiten im Klaren ist, kann diese auf eine gesunde und erfüllende Weise nutzen, um seine Ziele mit allen zur Verfügung stehenden Ressourcen zu erreichen und ein erfülltes Leben zu führen. Oder wie schon Jim Rohn gesagt hat:

„Either you run the day, or the day runs you.”

Nutzt Gewohnheiten, um euren Alltag bestmöglich an eure individuellen Ziele und Wünsche anzupassen, ihr werdet über das Ergebnis verblüfft sein.

Möchtet ihr mehr über die Grundregeln von positiven Lebensgewohnheiten lernen, kommt gerne in ein paar Wochen zurück zu uns. Ich möchte diesen Beitrag mit einem Zitat schließen, welches das Grundkonzept noch einmal auf den Punkt bringt:

Um in großen Dingen Exzellenz zu erreichen, muss man Gewohnheiten in den vielen kleinen Dingen entwickeln. Exzellenz ist deshalb keine Ausnahme, es ist eine vorherrschende innere Haltung.

Colin Powell, Militär-General & Politiker

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